Die Corona-Krise zeigt, dass wir Menschen freundlich und solidarisch sind, sagt Rutger Bregman, Autor von "Im Grunde gut". Wir sollten unser Zusammenleben in diesem Sinne neu gestalten. Ein Gespräch über die Welt nach dem Virus, die Schattenseiten der Freundlichkeit und linke Loser. Das Interview als gekürzte Übersetzung.
Herr Bregman, Sie haben ein Buch über die menschliche Natur geschrieben. Es heißt „Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit“. Darin beschreiben Sie den Menschen als ein Wesen, dass sich vor allem durch Empathie, Mitgefühl und Freundlichkeit auszeichnet. In der Corona-Krise scheint manchmal ein anderes Bild von uns durch: eine eher egoistische und dunkle Seite. Wie erklären Sie das?
Wenn Sie den Nachrichten folgen oder in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, dann gibt es natürlich immer wieder Beispiele für Leute, die sich egoistisch verhalten. Man sieht Hamsterkäufe und Menschen, die im Supermarkt wegen eine Packung Klopapier kämpfen. Aber wenn Sie eine Vogelperspektive einnehmen, dann werden Sie feststellen, dass die meisten Menschen ein soziales und solidarisches Verhalten an den Tag legen. In den sozialen Netzwerken gründen sich Gruppen, wo sich die Menschen untereinander helfen. Für jeden Hamsterkäufer gibt Tausend Krankenschwestern, die jetzt für uns den Kopf hinhalten.
Warum denken Sie, ist es schwer für uns Menschen, dieses positive Gesamtbild zu sehen?
Nun, die Frage ist viel eher, warum tun sich Journalisten damit so schwer. Die Wissenschaft hat in zahlreichen Studien immer wieder gezeigt, dass Menschen sich in Katastrophen wie zum Beispiel bei Erdbeben unterstützen. Die meisten sind dann uneigennützig: Reiche und arme Menschen, junge und alte, Linke und Konservative, alle helfen allen. Auch in der Corona-Krise ist das Verhalten der Menschen in den meisten Fällen von Hilfsbereitschaft geprägt. Aber Ihr Journalisten reitet immer auf den Hamsterkäufern herum.
Ja, im Journalismus gibt es da einen Ausdruck für: Gute Nachrichten sind keine Nachrichten.
Richtig, deshalb können Menschen auch ein verzerrtes Weltbild und Menschenbild haben wenn Sie den ganzen Tag nur Nachrichten rezipieren. Gemeine-Welt-Syndrom nennen das die Psychologen.
Bevor wir uns detaillierter über ihr Buch und das Wesen des Menschen unterhalten, hätte ich gerne noch eine Prognose bezüglich der Corona-Krise. Das Virus wird unsere Gesellschaften tiefgreifend verändern, politisch wie wirtschaftlich. Sehen Sie darin die Chance für echten und guten Wandel?
Zunächst einmal möchte ich betonen, was die meisten Menschen ohnehin spüren: Wir erleben gerade, wie Weltgeschichte gemacht wird. Die Corona-Krise ist in diesem Sinne größer als die Finanzkrise von 2008, vielleicht sogar größer als 9/11. In der Geschichte waren Krisen immer Wendepunkte mit tiefgreifenden Veränderungen für Gesellschaften. Ich kann natürlich nicht die Zukunft vorhersagen, aber ich kann hier Möglichkeiten aufzeigen. Und gerade sehe ich, dass sich zwei Dinge abspielen: Erstens können Krisen immer dazu genutzt werden, dass autoritäre Herrscher ihre Macht ausweiten. Wir sehen es jetzt mit Viktor Orban in Ungarn. Wir können es auch in den Angriffen auf unsere Privatsphäre durch die Exekutive erkennen. Maßnahmen, die als nötig und nur vorübergehend beschrieben werden, könnten auch auf Dauer eingerichtet werden.
Ja, die Eingriffe in die Grundrechte sind enorm. In Deutschland kommt wohl eine App, die der weiteren Ausbreitung des Virus durch die Auswertung von Handydaten vorbeugen soll. Es muss sichergestellt werden, dass die App die Privatsphäre achtet und die Installation freiwillig bleibt. Aber lassen Sie uns über positive Möglichkeiten in der Krise sprechen.
Auf der anderen Seite könnte die Krise unsere Politik in eine ganz andere Richtung lenken. Ich denke, die Menschen beginnen zu verstehen, dass uns Egoismus, Konkurrenz und Konzerne nicht retten werden. Dass wir andere Werte brauchen, um durch diese Krise zu kommen. Wir brauchen Miteinander und Solidarität, einen stärkeren Staat. Die Unternehmen, die jetzt um Staatsgelder bitten, müssen auch für die Kosten der Krise aufkommen. Auch müssen wir über den Wert bestimmter Berufe sprechen. Es sind ja nicht die Banker und Hedgefondmanager, die systemrelevant sind. Es sind die Ärzte und Pfleger, wer hätte das gedacht. Also, das könnte unsere Politik auf Jahre verändern. Wir wissen nur noch nicht in welche Richtung.
Glauben Sie denn, dass progressive Parteien, Bewegungen und Politiker jetzt diesen Moment für sich nutzen können?
Ich bin hoffnungsvoll, dass es besser läuft als bei der Finanzkrise 2008. Das Problem damals war, dass Progressive, Sozialdemokraten und Linke in Europa nur wussten, gegen was sie sind, aber nicht für was. Dazu kommt die notorische Uneinigkeit im linken Lager. Ich nenne das Phänomen Verlierer-Sozialismus. Wenn es wichtiger ist, richtiger Meinung zu sein, als eine breite Koalition zu bilden, die wirklich etwas verändern und gestalten kann. Aber es gibt Grund zur Hoffnung: Schauen Sie, wie sich der politische Spielraum in den USA zuletzt verschoben hat. Der Klimaplan des Präsidentschaftskandidaten Joe Biden ist radikaler als der seines Konkurrenten Bernie Sanders im Jahr 2016.
Im Sinne der europäischen Sozialdemokratie wäre natürlich trotzdem Bernie Sanders der bessere Kandidat, denke ich.
Ja, aber er hat den Kampf um die Ideen bereits gewonnen, das ist mein Punkt. Auch wenn er wohl nicht der nächste Präsident der Vereinigten Staaten sein wird, hat er bereits gewonnen.
Herr Bregman, lassen Sie uns über ihr neues Buch „Im Grund gut“ sprechen. Es ist gewissermaßen das Buch der Stunde, weil sie die Frage stellen, welches Menschenbild könnte unsere Gesellschaft nach der Corona-Krise bestimmen. Sie argumentieren, dass wir als Menschen vor allem gut und freundlich sind und nicht egoistisch und böse. Welche wissenschaftlichen Beweise können Sie für diese These vorlegen?
In den letzten 15 bis 20 Jahren haben Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen ihr Menschenbild revidiert. Evolutionsbiologen etwa sprechen vom Überleben der Freundlichsten statt der Stärksten. Für Jahrtausende waren es die Freundlichsten unter uns, die mehr Nachkommen und deshalb eine größere Chance hatten, ihre Gene von Generation zu Generation weiterzugeben.
Sie widerlegen auch Experimente aus der Psychologie, die mein Verständnis vom Wesen des Menschen geprägt haben. Experimente wie das Stanford-Gefängnis-Experiment oder das Milgram-Experiment, die zeigen sollen, wie schnell Menschen bösartig werden können.
Ja, das Stanford-Gefängnis-Experiment ist bis heute in jedem Psychologie-Lehrbuch, es ist super bekannt. In den 70er Jahren wurden Studenten in diesem Experiment in Wärter und Gefangene eingeteilt, in einem falschen Gefängnis im Keller der Stanford Universität. Nach einer Weile musste das Experiment abgebrochen werden, weil sich die Wärter furchtbar sadistisch verhielten. Die Botschaft war: Die Zivilisation ist nur eine Fassade. Wenn man Menschen die Freiheit gibt, andere zu misshandeln, dann werden sie das tun. Das Experiment ist so bekannt, weil es vermeintlich die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust erklären kann. In jedem von uns steckt ein Nazi, lautet die Botschaft. Ich habe das auch lange geglaubt. Bei den Recherchen für mein Buch habe ich entdeckt, dass das Experiment ein großer Schwindel ist. Donald Trump hätte es „Fake Science“ genannt.
Wobei er diesbezüglich ausnahmsweise richtig gelegen hätte.
Ja, heute wissen wird, dass die Studenten instruiert waren, möglichst sadistisch zu sein. Viele von ihnen sagten: Wenn es nach mir ginge, würden wir Tee trinken und gemeinsam eine nette Zeit verbringen. Es ist einfach Wahnsinn, dass dieses falsche Experiment bis heute in den Lehrbüchern in aller Welt ist.
Später wurde das Experiment für den britischen Fernsehsender BBC als Reality-TV-Show wiederholt und die Menschen haben sich angefreundet und sind nett miteinander umgegangen.
Es ist wirklich das langweiligste Reality-TV, das ich je gesehen habe. Die Wärter und die Gefangenen hatten keine Anweisungen erhalten. Am Ende hatten sie eine pazifistische Kommune aufgebaut. Die Macher von Reality-TV-Shows wissen das schon lange: Wenn man Menschen auf eine Insel setzt und lässt sie machen, dann passiert nicht. Sie werden Freunde, was schlecht für die Quoten ist. Deshalb muss man sie manipulieren und gegeneinander ausspielen. Was lehrt uns das: Im Allgemeinen wollen Menschen ein freundschaftliches Miteinander.
Aber auch im Lichte dieser Tatsachen, scheint mir ihre These angesichts unserer Geschichte, die von Gewalt und Mord geprägt ist, erklärungsbedürftig. Ich musste sofort an Auschwitz denken, als ich den Klappentext von ihrem Buch gelesen habe. Und Sie führen das in Ihrem Buch auch selbst an. Also Herr Bregman, wie erklären Sie Auschwitz?
Das ist natürlich die Ironie meines Buches: Dass man über Freundlichkeit und Güte schreibt. Und dann muss man auf hunderten Seiten die Schrecken der Geschichte erklären - die Völkermorde, die Kriege, den Holocaust. Und es ist richtig: Wir sind nicht nur die freundlichste Spezies im Tierreich, sondern auch die grausamste. Ich habe niemals von einem Pinguin gehört, der gesagt hätte: Lass uns ein paar andere Pinguine einsperren und umbringen. Das sind ganz und gar Menschheitsverbrechen. Und wenn man nicht glaubt, dass Menschen im Grunde aggressiv und egoistisch sind, dann ist die Beweislast noch größer. Denn wenn unsere evolutionäre Supermacht als Mensch ist, dass wir freundlich sind und zusammenarbeiten, warum haben Menschen dann all diese schlimmen Dinge getan. Ich kann natürlich nicht so tun, als gebe es darauf eine simple Antwort. Laut Evolutionsbiologen gibt es auch eine dunkle Seite der Freundlichkeit: Freundlichkeit kann auch in Konformität und ausschließendes Gruppendenken umschlagen. Die Empathie, die wir dann für unsere Gruppe empfinden, kann einhergehen mit Hass für Menschen außerhalb unserer Gruppe. Gleichzeitig führt die Dynamik innerhalb einer Gruppe zu Angepasstheit. Wir haben einen Knopf für Stammesdenken in unserem Hirn. Und ich denke, das spielt eine große Rolle bei den großen Verbrechen in der Menschheitsgeschichte.
Was folgt aus Ihrer Sicht eigentlich für unser Verständnis von Zivilisation und kapitalistischem Fortschritt?
Welches Menschenbild wir haben, hat natürlich Auswirkungen darauf, wie wir unsere Gesellschaft gestalten. Wenn man also davon ausgeht, dass die meisten Menschen aggressiv und egoistisch sind, dann gestaltet man auch seine Schulen, die Politik und die Unternehmen dementsprechend. Was die Theorie voraussetzt wird aber erst durch diese Institutionen geschaffen. Die Idee vom schlechten Menschen wird zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Und die Geschichte, die ich bereits in der Schule gehört habe, war, dass wir Menschen lange Jäger und Sammler waren. Dass wir ein brutales und dreckiges Leben gelebt haben. Und dann kam die Zivilisation, wir haben die Landwirtschaft erfunden, Städte gebaut, das Geld erfunden und vieles mehr. Und wenn diese dünne Zivilisationsschicht wegfällt, dann werden wir wieder zu unserem bösen Selbst. Wenn man aber mit Anthropologen und Archäologen spricht, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild: Als Jäger und Sammler waren wir sehr egalitär, hatten mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und nur wenige Hierarchien. Wir waren zudem gesund und wir waren nicht so unter Stress wie heute. Vergleichen Sie das mit den frühen Zivilisationen und sie werden feststellen, der Fortschritt war oftmals ein großes Desaster. Als wir sesshaft wurden, und angefangen haben, Landwirtschaft zu betreiben und Tiere zu domestizieren, ging es den Menschen massiv schlechter. Es ist auch der Beginn von Kriegen, es gibt nahezu keine archäologischen Beweise für Gewalt zwischen nomadischen Stämmen. Das Bild ist also ein anderes: Die zivilisierten Menschen lebten ein brutales Leben, während die Jäger und Sammler es viel besser hatten. Erst in den letzten 200 Jahren - seit der industriellen Revolution - sehen wir großen Fortschritt. Wir sind heute reicher, gesünder und wohlhabender als jemals zuvor. Gleichzeitig erleben wir aber die Klimakrise und das Artensterben. Die Frage ist also, wie nachhaltig dieser Fortschritt ist.
Ja, das scheint die große Frage der Gegenwart, inwiefern können wir Fortschritt anders definieren oder Fortschritt und die planetaren Grenzen miteinander versöhnen.
Denken Sie aber auch an die modernen Infektionskrankheiten. Das sind Krankheiten, die gab es nicht unter Jägern und Sammlern. Sie sind ein Produkt der Zivilisation, weil wir zu dicht mit Tieren zusammenleben. Seuchen waren in den letzten 10 000 Jahren immer vorhanden. Auch Covid-19 ist eine Konsequenz unserer Zivilisation.
Und wir sollten auch nicht vergessen, dass die Erzählung vom Fortschritt damals wie heute dazu genutzt wurde, um die Ausbeutung von Natur und Mensch - wie zum Beispiel indigenen Gemeinschaften im Amazonas - zu legitimieren. Aber ich frage mich dennoch, ob Sie nicht das Leben der Jäger und Sammler romantisieren. Es kann doch nicht Ihre Vorstellung sein, dass wir zurück zum Nomadenleben gehen.
Zunächst einmal denke ich, dass wir unsere Geschichte verstehen sollten, damit wir unsere Zukunft gestalten können. Und in der jüngeren Vergangenheit haben wir im Westen unsere Institutionen entsprechend der Idee gestaltet, dass wir Menschen aggressiv und egoistisch sind. Das begann mit der neoliberalen Ära: Das neoliberale Menschenbild ging davon aus, dass die meisten von uns egoistisch sind. Demnach wurden unsere Märkte, Schulen und Demokratien gestaltet. Diese Politik hat uns in die Finanzkrise 2008 geführt, hat zu mehr Angst und Einsamkeit geführt. Vielleicht ist es zu früh, aber ich denke die neoliberale Ära geht jetzt gerade zu Ende. Wir beginnen zu sehen, dass wir ein neues Menschenbild brauchen, eine neue selbsterfüllende Prophezeiung. Mein Buch ist aber kein Selbsthilfebuch. Es geht mir darum, dass wir gesellschaftlichen Wandel brauchen: neue Institutionen, denn andere Institutionen bringen andere Menschen hervor.
Wie könnten Institutionen aussehen, die Ihrem Menschenbild entsprechen. Sie haben ja selbst verschiedentlich von einem Bedingungslosen Grundeinkommen, globaler Freizügigkeit und der 15-Stunde-Woche gesprochen. So etwa?
Wir brauchen jetzt neue Ideen. Die neoliberalen Ideen wurden in den 1950er Jahren entwickelt. Damals hat man sie nicht ernst genommen. Aber dann in einer Krise wurden sie zentral. Milton Friedman, ein Vordenker des Neoliberalismus, hat einmal gesagt: Die Aufgabe von Intellektuellen ist, Ideen für die nächste Krise vorzubereiten. Denn wenn die Krise kommt, dann ist alles abhängig von den Ideen, die vorhanden sind. Das gilt auch für die Corona-Krise. Haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Es ist noch zu früh, das zu sagen. Aber das Grundeinkommen ist ein Beispiel, sie verbindet Freiheit und Sicherheit. Und die Empirie sagt, es funktioniert. Trotz aller Beweise landet man aber immer wieder bei Diskussionen über die menschliche Natur. Die Menschen sagen mir immer wieder: Ja, aber was ist mit der menschlichen Natur.
Die anderen werden faul sein, ist ein beliebtes Argument.
Ja, die anderen. Ich selbst nicht. Aber die anderen werden egoistisch sein und mit dem Arbeiten aufhören. Nicht nur Konservative denken so, vor allem Menschen auf der Linken. Der Paternalismus dort hat mich am meisten erstaunt. Die Idee eines Grundeinkommens erfordert ein ganz anderes Menschenbild, deshalb habe ich dieses Buch geschrieben.
Ihr Buch ist zwar kein Selbsthilfe-Ratgeber, aber ich habe mich gefragt, wie Sie selbst das Schreiben vielleicht auch verändert hat.
Ja, ich war lange sehr zynisch. Das kommt vielleicht daher, dass ich Geschichte studiert habe. In der Geschichte ist es ein bisschen wie mit den Nachrichten: Historiker schreiben vor allem über Kriege. Und wenn es keinen Krieg gibt, dann heißt es Zwischenkriegszeit. Erst meine Recherche hat meine Sicht auf die Dinge geändert. Was mein persönliches Leben betrifft: Auch wenn ich kein Freund des Selbsthilfe-Genres bin, habe ich trotzdem auch für mich ein paar Lebensregeln abgeleitet. Die Wichtigste ist: Wenn man an jemandem zweifelt, dann sollte man immer das Beste annehmen. Wir haben oft Angst, vor allem bei Fremden, dass sie uns übers Ohr hauen könnten. Aber es ist klüger, wenn man das als Kollateralschaden sieht: Die wenigen Male, die ich über Ohr gehauen werde, nehme ich in Kauf dafür, dass ich ein Leben in Vertrauen leben kann. Wenn man also nie übers Ohr gehauen wurde, sollte man sich vielleicht fragen, habe ich genug Vertrauen in Menschen.
Herr Bregman, wenn Sie in die Zukunft schauen: Sollten sich ihr Menschenbild erfüllen. Was könnte passieren?
Ich weiß es nicht. Ich habe nur an der Oberfläche gekratzt. Aber jede Politik startet mit einem Menschenbild. Meine Sicht ist dem Anarchismus sehr nahe. Anarchisten glauben auch, dass die meisten Menschen gut sind, aber dass Macht korrumpiert. Das einzige Problem mit den Anarchisten ist, dass sie nicht gut daran sind, langlebige Institutionen aufzubauen. Konservative verstehen sich viel besser darauf, sie verstehen auch Macht viel besser. Wir brauchen also so etwas wie einen anarchistischen Staat, das beste aus beiden Welten. Liberalismus und Sozialismus zusammen, dass ist die Denkrichtung, die mich interessiert. Ob das so kommt, keine Ahnung. Aber ich bin optimistisch: Unsere Welt wird ein besserer Ort sein.